Die Gelassenheit ist vorbei: Ab sofort ergreift auch die Regierung in Schweden strengere Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus. So wurden am Mittwoch die Bürger dazu aufgerufen, noch deutlich mehr Abstand im Alltag zu halten und unnötige Reisen zu vermeiden. Die Gesundheitsbehörde suchte zudem noch einmal das Gespräch mit den Skigebieten und bat sie zu schließen. Der größte Betreiber Skistar gab daraufhin als Erster das vorzeitige Saisonaus zum 5. April 2020 bekannt. Weitere Resorts sind dem Beispiel bereits gefolgt.
Warnrufe der Mediziner in den Skigebieten
Schweden ist das letzte Land in Europa, in dem Skigebiete trotz der Corona-Pandemie aktuell noch geöffnet sind (wir berichteten). Die Regierung war in den letzten Wochen eher lockerer mit Covid-19 umgegangen und hatte vor allem Appelle zum vorsichtigen Umgang mit dem Virus veröffentlicht. Verboten wurden lediglich Veranstaltungen über 50 Personen. Auch Sport- und Freizeiteinrichtungen durften weiterhin geöffnet bleiben, da "körperliche Aktivität im Freien gut für die Gesundheit ist".
Dieser Meinung ist die Gesundheitsbehörde noch immer, allerdings sind auch dort die vielen Warnrufe der örtlichen Mediziner aus den Skiorten angekommen. Diese befürchteten katastrophale Zustände angesichts der nahenden Osterferien, die von den Schweden gern zum Skifahren genutzt werden. In den ländlichen Regionen der Skiorte sind die medizinischen Möglichkeiten allerdings nur begrenzt, um Coronafälle behandeln zu können. Mittlerweile gibt es in Schweden fast 5000 Infizierte und 239 Tote – Tendenz stark steigend.
Skistar machte den Anfang
Daher suchten Regierung und Gesundheitsministerium am Dienstag, 31. März 2020, das Gespräch zum größten Anbieter Skistar. Dieser betreibt große Skigebiete in Åre, Vemdalen und Sälen und verkauft rund die Hälfte aller Skipässe in Schweden. Am Dienstagabend gab der Konzern, der auch an der Börse gelistet ist, daraufhin das vorzeitige Saisonende bekannt. Die Lifte werden noch bis Sonntag, 5. April 2020, laufen und dann freiwillig schließen. Die weiteren Skigebiete des Konzerns in Norwegen (Trysil und Hemsedal) und Österreich (St. Johann in Tirol) sind auf behördliche Anordnung der jeweiligen Länder ohnehin seit Mitte März gesperrt.
Dem Beispiel von Skistar folgend verkündeten bis zum Mittwoch alle großen Skigebiete in Schweden ihr Saisonaus zum kommenden Wochenende. Darunter auch Idre Fjäll, Kläppen und Branäs. Lediglich einige kleinere Resorts wollen weiter öffnen, darunter Björkliden oder auch Riksgränsen in Lappland, das nördlichste Skigebiet des Landes.
Regierung greift zu strengeren Maßnahmen
Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, 1. April, verkündete Ministerpräsident Stefan Löfven das weitere Vorgehen der schwedische Regierung im Kampf gegen das Coronavirus. So werden deutlich strengere Maßnahmen als bisher umgesetzt. Zwar gibt es auch weiterhin keine Ausgangsbeschränkungen wie in Deutschland und vielen weiteren europäischen Ländern, dafür aber ab sofort ein Besuchsverbot in Altenheimen.
Außerdem soll unbedingt mehr Abstand im Alltag gehalten werden. Dazu gehört beispielsweise die Reduzierung der Besucheranzahl in Supermärkten, Restaurants und öffentlichen Verkehrsmitteln. Partys, Hochzeiten oder auch Beerdigungen sollten ebenso wie unnötige Reisen fortan vermieden werden. Ältere Menschen ab 70 Jahren sollen zudem fortan keine Supermärkte mehr aufsuchen und keine Busse, Züge und Co. nutzen. Auch an die Arbeitgeber appellierte der Ministerpräsident noch einmal, damit diese noch mehr Möglichkeiten zum Home Office schaffen.
Ein kompletter Shutdown mit flächendeckender Schließung von Geschäften und aller Schulen und Kindergärten wie in Deutschland ist in Schweden bisher aber nicht vorgesehen.